Am 17.5.2016 hielt Dr. Jens Radtke vom Länderinstitut für Bienenkunde einen Vortrag zum Verfahren der "Totalen Brutentnahme". Er führt das Verfahren mit großem Erfolg seit vielen Jahren durch und reduziert damit konventionelle Behandlungsverfahren (so macht er keine Winterbehandlung).
Milben vermehren sich exponentiell!
2/3 der Milben befinden sich in der Brut, etwa 1/3 auf den Bienen wo sie eine einwöchige Reifung erfahren ehe sie in die Brutzellen zur Vermehrung steigen. Eine Milbe kann bis zu 7 Vermehrungszyklen erleben und so verdoppelt sich die Milbenzahl alle 3 Wochen. So werden aus 100 Milben nach der Überwinterung über 12.000 im Juli - in der Regel ist ein Bienenvolk bei einer Belastung von 10.000 Milben bereits tot.
Die totale Brutentnahme im Frühling
Die totale Brutentnahme als Methode zur Varroa-Bekämpfung, Schwamtriebsdämpfung, Bauerneuerung und Völkervermehrung ist bereits schon seit Jahrzehnten beschrieben. Jens Radtke führt diesen Eingriff bei seinen Völkern zeitlich versetzt durch (Nach der Frühtracht, bzw. nach der Robinien-Blüte) um die Gefahr von schlechten Begattungen durch Schlechtwetterphasen zu minimieren. Das Altvolk behält die Königin und eine Wabe offener Brut (die zur weiteren Reduktion des Milbendrucks nach der Verdecklung entnommen werden kann) und der Ableger die gesamte verdeckelte Brut. Jede 2. Wabe wird in das Altvolk abgefegt und die Flugbienen fliegen ebenfalls zurück (die Ableger bleiben also am Stand).
Die Durchführung des Eingriffs im Sommer nach der letzten Ernte lehnt er wegen Räuberei und stichiger Bienen eher ab; zudem profitiere man nicht von der Schwarmdämpfung.
Der Ableger zieht eine neue Königin heran und in der Brutpause kann mit entsprechenden Mittel (z.B. Milchsäure bei ausgelaufener Brut) behandelt werden; die ausgelaufenen Waben können vor der Bestiftung entnommen werden (ca. 3-4 Wochen nach der Ablegerbildung).
Das Altvolk erhält Mittelwände und baut das Brutnest auf neuen Waben auf.
Reduktion der Milbenzahlen
Die Reduktion der Milbenzahl bei gleichzeitig nur geringem Einbruch der Honigleistung (und das auch erst bei Ernten jenseits von 50 kg im Jahr) zeigte er in verschiedenen Graphiken aus seiner wissenschaftlichen Arbeit.
Zusätzlich empfiehlt er das Schneiden der Drohnenbrut - eine Reduktion von bis zu 80% der Milbenlast sei möglich sofern konsequent durchgeführt und Lokalisation des Baurahmens direkt am Brutnest - die Lage an der Beutenwand mit Honig- oder Pollenwaben zwischen Brutnest und Baurahmen sei dahingegen kontraproduktiv da die Brut dort schlechter gepflegt werde und damit weniger Milben in den Baurahmen einwandern.
Das Verfahren hat er in seiner Imkerei, die auch die Spättrachten anwandert, weiter verfeinert. Inzwischen schröpft er zwei Mal mit anschließender Rückvereinigung um Sonnenblume und Heide mit starken, gesunden Völkern nutzen zu können.
Interessant war die stärkere Auswinterung und die erhöhte Gewichtszunahme solcher stark geschröpfter Völker im darauffolgenden Frühjahr.
Fazit
Ein spannender Abend mit interessierten Zuhörern und reger Diskussion der Lust machte, die Methode zumindest mal zu testen - hier dürften Dadantler und Grossraumbeuten-Nutzer weniger die Materialschlacht fürchten die andere da besorgt erwähnten. Insbesondere die Bauerneuerung en bloc ist für diese Formate besonders interessant. Die Reduktion des Behandlungsbedarfes ist ein lohnenswertes Ziel und dieses Verfahren 3 Wochen vor Trachtschluss dürfte auch keine Einbussen beim Honigertrag bedeuten.
Wir haben uns gefreut, dass so viele Gäste der mit einladenden Vereine Spandau und Charlottenburg-Wilmersdorf wie auch vom IV Kreuzberg gekommen sind. Mit 60 Leuten kam die Gastronomie an ihre Grenzen aber schlug sich wacker und allseits zufriedenstellend.
Anhänge: Jens Radtkes Publikationen zu diesen Themen
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